Markus B. widmet sich einer Aufgabe, die viel Einfühlungsvermögen, Geduld und Engagement erfordert: Als ehrenamtlicher Bewährungshelfer bei NEUSTART unterstützt er fünf junge Straftäter dabei, ihr Leben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Diese Arbeit ist für ihn kein Neuland. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Streetworker in der Jugendarbeit bei der Caritas und seiner heutigen Tätigkeit als Leiter von Jugendeinrichtungen, bringt Markus fundiertes Wissen und tiefes Verständnis für die Herausforderungen junger Menschen mit.
Trotz seiner verantwortungsvollen hauptberuflichen Position schätzt Markus die Möglichkeit, durch sein Ehrenamt weiterhin in direktem Kontakt mit Jugendlichen zu stehen und aktiv an ihrer Entwicklung mitzuwirken. Im Interview spricht er darüber, was ihn antreibt, wie er junge Menschen unterstützt und warum es ihm so wichtig ist, ihnen eine Perspektive abseits von Kriminalität zu zeigen.
Freiwilligenzentrum Salzburg: Was macht eigentlich ein ehrenamtlicher Bewährungshelfer?
Markus: Wenn eine Person eine Verurteilung vor Gericht bekommt und ein Bewährungshelfer zugeteilt wird, dann ist es die Hauptaufgabe des Bewährungshelfers, diese Person dabei zu unterstützen, dass sie nicht mehr rückfällig wird. Der Richter gibt in seinem Urteil meistens drei Jahre Bewährung an. Und in dieser Zeit trifft man sich als Bewährungshelfer mindestens einmal im Monat, bei den unter 18-jährigen mindestens zwei Mal im Monat. Man hält Kontakt und schaut, wie man der Person helfen kann im normalen, alltäglichen Leben. Meistens haben sie Weisungen vom Richter bekommen, also zum Beispiel, dass sie eine Lehrstelle suchen, zur Drogenberatung gehen oder bestimmte Termine wahrnehmen müssen. Und der Bewährungshelfer sollte auch ein Auge darauf haben, dass diese Leistungen erfüllt werden.
Was passiert bei so einem Treffen? Wie läuft das ab?
Man trifft sich ganz normal irgendwo zum Gespräch. Man kann einen Hausbesuch machen, oder sich in der Öffentlichkeit treffen oder auch bei NEUSTART im Büro. Wenn Bedarf ist, dann machen wir auch Begleitungen. Wir begleiten die Probanden zu einem Amt oder zu einer Polizeivernehmung oder irgendwelchen anderen Stellen, wo der Proband hingehen möchte. In der Coronazeit, wo wir uns nicht in Innenräumen aufhalten haben dürfen, bin ich mit ihnen oft spazieren gegangen. Das habe ich mir ein Stück weit beibehalten, da sich das bewährt hat. Ich treffe mich mit meinen Probanden gerne im Park und wir spazieren dann herum. Da ist die Atmosphäre ein wenig lockerer und es ist einfacher miteinander ins Gespräch zu kommen.
Braucht man eine spezielle Ausbildung, um ehrenamtlicher Bewährungshelfer zu werden?
Im Ehrenamt braucht man keine spezielle Ausbildung. Aber man durchläuft natürlich ein Auswahlverfahren und bekommt interne Schulungen zu relevanten Themen. Man hat auch eine Teamleitung, die man jederzeit fragen kann. Man ist über NEUSTART recht gut eingebettet in das Ganze. Die ehrenamtlichen Bewährungshelfer betreuen maximal fünf Personen gleichzeitig. Sexualstraftäter oder Mörder – Personen, die solche schweren Delikte begangen haben, bekommen die Ehrenamtlichen nicht. Darauf wird schon geachtet!
„Bei Jugendlichen kann man noch so viel bewirken und verändern. Oft sind es nur Kleinigkeiten, wo sie Hilfestellung brauchen, und dann kommen sie wieder gut weiter im Leben.“
Markus, ehrenamtlicher Bewährungshelfer Tweet
Was war Ihre Motivation ehrenamtlicher Bewährungshelfer zu werden?
In meinem Hauptberuf war ich bis vor einem Jahr in der Jugendarbeit tätig. Ich arbeite am liebsten mit Jugendlichen und hatte aufgrund meiner Streetworking-Tätigkeit bei der Caritas schon viel Berührungspunkte mit straffälligen Jugendlichen. Meine Motivation ist, dass ich diesen weiterhelfe. Ich betreue auch bei NEUSTART meistens Jugendliche und junge Erwachsene. Ich kann mit dieser Zielgruppe am besten und sie ist mir auch am wichtigsten. Bei Jugendlichen kann man noch so viel bewirken und verändern. Oft sind es nur Kleinigkeiten, wo sie Hilfestellung brauchen, und dann kommen sie wieder gut weiter im Leben. Wenn ich ein kleines Rädchen in diesem System sein kann, das irgendwie weiterhelfen kann, dann ist es das Schönste, was es gibt für mich.
Ist es für Sie einfach eine gute Beziehung zu jungen Straftätern aufzubauen?
Das ist unterschiedlich. Manchmal funktioniert es von Anfang an ganz gut und manchmal braucht man eine gewisse Zeit, um eine gute Beziehung aufzubauen. Das ist normal. Viele meiner jungen Probanden sind Erwachsenen gegenüber etwas abgeschreckt oder haben schlechte Erfahrungen gemacht. Ich habe Verständnis dafür und manchmal braucht es Zeit, bis man an jemanden rankommt. Wenn man respektvoll mit den Leuten umgeht und freundlich auf Augenhöhe kommuniziert, dann habe ich die Erfahrung gemacht, dass es gelingt eine gute Beziehung aufzubauen.
Gibt es ein besonders schönes Ereignis, an das Sie gerne zurückdenken?
Es freut mich immer, wenn ich nach der Bewährungszeit das Gefühl habe, eine Person hat es geschafft, wird nicht mehr straffällig und steht nun mit beiden Beinen im Leben. Es ist ein sehr schönes Gefühl ein Teil dieser positiven Veränderung zu sein. Manchmal sind sie erst um die 16 Jahre alt, wenn die Bewährungshilfe startet. In diesen drei oder mehr Jahren, die man sie dann begleitet machen die Jugendlichen große Schritte und durchleben viele Veränderungen. Man wird dann nicht nur als Bewährungshelfer gesehen, sondern auch als erwachsene Vertrauensperson. Es freut mich, wenn sie meine Hilfe annehmen, Vertrauen zu mir aufbauen und am Ende der Bewährungszeit positiv in die Zukunft blicken können.
„Es freut mich immer, wenn ich nach der Bewährungszeit das Gefühl habe, eine Person hat es geschafft, wird nicht mehr straffällig und steht nun mit beiden Beinen im Leben. Es ist ein sehr schönes Gefühl Teil dieser positiven Veränderung zu sein“
Markus, ehrenamtlicher Bewährungshelfer Tweet
Welche Eigenschaften bringen Sie mit, die Sie zu einem guten Bewährungshelfer machen?
Man sagt mir nach, dass ich sehr viel Ruhe und viel Gelassenheit habe. Ich gehe respektvoll mit meinen Klienten um und es macht für mich keinen Unterschied, ob die Person 15 oder 25 ist, ob sie Migrationshintergrund hat oder nicht oder was sie für eine Straftat gemacht hat. Ich kommuniziere immer auf Augenhöhe. Am Anfang kann es vorkommen, dass man nicht angenommen wird, da muss man darauf achten, dass man das nicht persönlich nimmt und sachlich bleibt.
Was würde Ihnen fehlen, wenn Sie dieses Engagement nicht hätten?
Durch mein Ehrenamt bekomme ich Einblick in die Lebenswelt von Personen, mit denen ich privat wahrscheinlich wenig Berührungspunkte hätte. Das finde ich sehr spannend. Manche haben es wirklich nicht leicht. Sie bewegen sich in Kreisen oder Freundeskreisen, wo es schwierig ist, dass man ausbricht und dass man das ganze System verlässt. Ich möchte mit meinem Engagement jungen Menschen, die es schwierig haben und sonst keine Hilfestellung bekommen, mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Vielen Dank für das Gespräch!